Der Titel dieses Beitrages mag ein wenig irreführend sein. Daher ein kleines Vorwort von mir. Ich hatte in letzter Zeit so manche Diskussion bzgl. Charismatik / Pfingstbewegung etc.. Ich muss dazu sagen, dass ich in der charismatischen Bewegung groß geworden bin, dass ich doch recht vertraut bin mit vielen Vorstellungen, die dort vorherrschen und nun, immer wieder schreiben mir Leute, die aus dieser Bewegung kommen oder die ihr nahestehen und ich versuche ihnen meine Position nahezubringen und weshalb ich dieses oder jenes glaube.
Ich selbst bin, nur um das hier noch einmal zu betonen, der charismatischen Bewegung an sich gar nicht zugetan, aber ich habe dennoch viele Leute dort sehr gern, auch wenn ich glaube, dass sie sich in manchem irren.
Nun. Zum eigentlichen Inhalt des Posts. Manchmal, wenn man dann auch recht lange diskutiert, scheint es manchmal, es habe nichts mehr mit Christus zu tun. Deswegen hat mich jemand, mit dem ich E-Mail-Austausch hatte, vor kurzem gefragt:
„Aber meine Frage ist: Wo ist Christus, wenn wir hier diesen 100 Jahre alten Kampf zwischen Pfingstbewegung und Konservativ Evangelikalen ausfechten.
Es wird alles offenbar vor dem Richterstuhl Christi.
Ich zittere und fürchte mich wirklich, wirklich.
Gott weiß es.“
Du stellst die Frage: Wo ist Christus?
Nun, ich denke nicht, dass der Kampf, den wir austragen hundert Jahre alt ist, sondern es ist ein Stück weit ein Kampf, der zwar eine lange Vorgeschichte hat, der aber tatsächlich jetzt stattfindet. Wenn ich merke, dass sich jemand nichts sagen lässt, obwohl er eindeutig viel zu kurz denkt, dann werde ich nicht groß mit dieser Person schreiben, denn diese Kämpfe bringen nichts. Aber bei dir ist das anders, denke ich. Ich denke wir haben einen gewissen Respekt voreinander und wir können beide in gewissen Punkten voneinander lernen. Deine Frage ist sehr gut. Wo ist Christus? Genau darum dreht sich dieser Streit. Siehst du das? Der Charismatiker wird eher versuchen z.B. Christus irgendwie in seinem Innern zu begegnen, mit ihm zu sprechen und zu reden, von ihm zu hören usw.. Jemand sagte mal, er spreche ständig mit Jesus und sei im ständigen Austausch, im ständigen Gespräch mit Jesus. Eine andere Person aus der charismatischen Richtung sagte mir: Sie könne drei Stimmen unterscheiden. Den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist und alle drei hören oder fühlen sich ein wenig anders an.
Ich hab diese Person, die mir das gesagt hat, übrigens sehr, sehr gern und dennoch ( oder gerade deswegen ) hab ich Angst um sie. Diese Frage, wie Gott, wie Jesus zu uns spricht, berührt sehr stark, wie wir mit ihm in Kontakt treten können, wie unsere Beziehung zu ihm aussieht. Der klassische Charismatiker würde sagen: Gebet ist ein Zwiegespräch mit Gott. Der klassische Nicht-Charismatiker würde sagen: Gebet ist immer das einseitige Sprechen des Menschen zu Gott. Gott antwortet durch sein Wort und durch Fügungen in unserem Leben. Und es ist hier ein ziemlich großer Unterschied zwischen charismatischem Verständnis und nicht-charismatischem Verständnis.
Und es geht tatsächlich um die Frage: Wie trete ich in Kontakt mit Gott, wie trete ich in Kontakt mit Jesus? Vielleicht darf ich es so sagen: Ich bete, weil ich an einen Gott glaube, der Gebet hört und der auch immer wieder Gebet erhört. Aber ich bete nicht, weil ich glaube, dass ich Gott so zu mir sprechen hören kann. Weißt du, ich hab das versucht, ich habe versucht, Gott zu hören und nun, ich hab mich damit verrückt gemacht und eine andere Person habe ich auch damit verrückt gemacht. Ich habe geglaubt, Gott habe zu mir gesprochen, ich solle mit einem bestimmten Mädchen eine Beziehung eingehen. Das Mädchen war davon nicht so überzeugt. Ich dachte, Gott habe zu mir gesprochen. Und so ging das einige Zeit hin und her und ich hab Dinge getan, die völlig spinnig waren. Einfach, weil ich so fest davon überzeugt war, Gott hätte sich mir da direkt mitgeteilt. Und im Nachhinein: Es war alles Unsinn. Und nun, nicht nur deswegen ist das für mich nichts, worauf ich tatsächlich bauen könnte. Ich kann auf meine Eindrücke, Gefühle, Empfindungen nicht setzen, einfach, weil sie durch alles mögliche ausgelöst sein könnten.
Ich glaube, dass Jesus mich führt. Ich glaube, dass Jesus, dass der Vater meine Gebete und Bitten hören. Und ich glaube, dass sie mich durch die Schrift und Fügungen lenken und in die richtige Richtung bringen können. Das hatte ich schon gesagt.
Wie wirkt sich das charismatische Verständnis auf die Beziehung zu Gott im allgemeinen aus? Ich will das nicht pauschalisieren, aber es gibt nicht wenige charismatische Christen, deren Beziehung zu Gott auf ihren Gefühlen, auf ihren Eindrücken, auf ihrer empfundenen Nähe zu Gott basiert. Sie fühlen sich Gott nah und denken, dass sie ihm deswegen nahe sind. Wenn sie nicht das Gefühl haben, Gott nah zu sein, sind sie am Boden zerstört und fühlen sich Gott fern, so dass sie keine tiefe Gemeinschaft mit ihm hätten. Und manche Pfingstler – so mein Eindruck – Streben nach Geistes-Gaben um eine Bestätigung zu haben, dass sie eine gute Beziehung mit Gott haben. „Ich rede in Zungen = Gott ist mit mir, ich bin gesegnet etc.“
Aber Tatsache ist: Jemand kann zehntausend Jahre lang in Zungen reden und vielleicht doch kein Kind Gottes sein.
Nun, wie definiert die Schrift jemanden, der zu Christus gehört? Jemand der zu Christus gehört, ist jemand, der im Jesu Wort bleibt. In was für einem Wort bleibt so jemand? In dem Wort, das Jesus gesprochen hat, in dem Wort, das uns die Apostel weitergegeben haben.
Zu Beginn des Hebräerbriefes steht:
Nachdem Gott vor Zeiten manchmal und auf mancherlei Weise zu den Vätern geredet hat durch die Propheten, hat er zuletzt in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn
( Hebräer 1, 1 )
Dann in Kapitel 2 schreibt er weiter:
Darum sollen wir desto mehr auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht etwa daran vorbeigleiten. Denn wenn das durch Engel gesprochene Wort zuverlässig war und jede Übertretung und jeder Ungehorsam den gerechten Lohn empfing, wie wollen wir entfliehen, wenn wir ein so großes Heil versäumen, welches zuerst durch den Herrn gepredigt wurde und dann von denen, die ihn gehört hatten, uns bestätigt worden ist? Und Gott gab sein Zeugnis dazu mit Zeichen und Wundern und mancherlei Kraftwirkungen und Austeilungen des heiligen Geistes nach seinem Willen.
( Hebräer 2, 1-4 )
Judas schreibt:
Geliebte, da es mir ein großes Anliegen ist, euch von unsrem gemeinsamen Heil zu schreiben, halte ich es für notwendig, euch zu schreiben mit der Ermahnung, daß ihr für den Glauben kämpfet, der den Heiligen EIN FÜR ALLE MAL ÜBERGEBEN worden ist.
( Judas 3 )
Paulus schreibt den Thessalonichern:
So stehet denn nun fest, ihr Brüder, und haltet fest an den Überlieferungen, die ihr gelehrt worden seid, sei es durch ein Wort oder durch einen Brief von uns.
( 2. Thessalonicher 2, 15 )
und den Korinthern:
Ich mache euch aber, ihr Brüder, auf das Evangelium aufmerksam, das ich euch gepredigt habe, welches ihr auch angenommen habt, in welchem ihr auch stehet; durch welches ihr auch gerettet werdet, wenn ihr an dem Worte festhaltet, das ich euch verkündigt habe, es wäre denn, daß ihr vergeblich geglaubt hättet. DENN ICH HABE EUCH IN ERSTER LINIE DAS ÜBERLIEFERT, WAS ICH AUCH EMPFANGEN HABE, nämlich daß Christus für unsre Sünden gestorben ist, nach der Schrift, und daß er begraben worden und daß er auferstanden ist am dritten Tage, nach der Schrift…
( 1. Korinther 15, 1-4 )
Wenn du durch das neue Testament gehst, wirst du ständig solche Ermahnungen finden, an der Überlieferung der Schrift festzuhalten. Du wirst aber keine Ermahnungen finden, irgendwelche neuen Offenbarungen zu suchen, Gottes persönliche Führung zu suchen ( im Sinne von „Herr, willst du, dass ich heute mit der Straßenbahn um 7:15 Uhr oder um 7:25 fahre?“ ) . Gott hat seinen Willen klar dargelegt, er hat klar dargelegt, wie ein Mensch zu Jesus findet und jemand findet zu Jesus, indem er auf das hört, was Jesus vor 2000 Jahren gesagt hat.
Jesus sagt: Wer an mich glaubt, der hat ewiges Leben.
Er sagt nicht: Wer besondere Erlebnisse mit mir hat, hat ewiges Leben.
Jesus sagt: Wer in meinem Wort bleibt, der ist mein Jünger.
Er sagt nicht: Wer besonderen inneren Impulsen nachgeht, von denen er denkt, sie kommen von Gott / dem Heiligen Geist / Jesus, der ist mein Jünger und folgt mir nach.
Versteh mich nicht falsch. Wir gehen als Menschen ständig inneren Impulsen nach, wir denken: „Hab ich jetzt die Herdplatte wirklich ausgeschaltet? Ich bin mir nicht sicher, ich schaue lieber noch einmal nach!“ – Und manchmal denke ich: „Dieser Person sollte ich jetzt etwas von Jesus sagen“
Aber ich führe keine Gespräche mit Jesus, die so klingen würden:
Jesus: „Simon, was ist denn los?“
Ich: „Oh, ich hab solche Angst vor der und der Prüfung“
Jesus: „Du brauchst doch keine Angst haben!“
Ich: „Warum nicht?“
Jesus: „Ja, weil alles gut gehen wird, Simon, ich bin doch bei dir“
….
So was verheißt uns die Schrift nicht. Woher will man denn wissen, ob man sich das oder anderes denn nicht einfach einbildet? Eine Beziehung zu Gott besteht doch darin, dass man Gott glaubt. Abraham sind nicht jeden Tag 3 Engel erschienen. Aber Abraham hatte Gottes Wort und Gottes Verheißung, dass er einen Sohn haben wird. Und er glaubte Gott. Aber er sprach nicht ständig mit Gott so wie er mit seiner Frau sprach. Die Beziehung bestand darin, dass Abraham Gottes Wort in seinem Herzen behielt und an diesem Wort festhielt und glaubte, was Gott gesagt hatte und Gott hat sein Wort gehalten.
Und siehst du, um auf deine Anfangsfrage zurück zu kommen: Wo ist Christus?
Der Gläubige spürt Christus nicht, er spürt nicht die Liebe Gottes. Genauso wie beispielsweise ein Mann nicht die Liebe seiner Frau „spüren“ kann. Aber der Gläubige hat Christus und sein Wort im Herzen. Er glaubt Christus, er glaubt seinem Wort. Das Wort Gottes ist ihm kostbar. Er braucht Gott auch nicht spüren, weil er weiß, was Gott in seinem Wort gesagt hat. Er weiß durch Gottes Wort, dass er ein Kind Gottes ist, er weiß durch Jesus Worte, dass er zu ihm gehört, er weiß auch, dass diese Worte von Jesus zuverlässig sind und verlässt sich auf diese Worte.
Wenn Jesus sagt: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“, dann weiß der Gläubige: „Ja, das ist wahr. Jesus ist alle Macht gegeben, im Himmel und auf Erden. Jesus weiß von meiner Not, Jesus weiß von meiner Freude. Jesus ist da. Ich sehe, höre, fühle, spüre ihn nicht, aber Jesus ist da. Jesus ist bei mir. Er verlässt mich nicht, denn er hat gesagt, dass er immer da ist. Jeden Tag“. Er weiß auch: „Jesus liebt mich“. Warum? Weil die Schrift sagt: Darin zeigt sich die Liebe Gottes, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ Er weiß daher: Gott hat mich geliebt, als ich noch ein Feind war. Und deswegen ist seine Liebe unabhängig von mir. Sondern Gottes Liebe zeigte sich schon als ich noch gar nicht an ihm interessiert war. Das sagt die Schrift und der Gläubige darf darin tiefen Frieden finden und ein Vertrauen in Gott und die Liebe Christi.
Der Glaube schaut nicht auf das, was er äußerlich sieht, spürt oder empfindet, sondern er glaubt das, was Gott in seinem Wort sagt: Gott sagt: Wem Weisheit mangelt, dem will ich Weisheit geben, wenn er mich darum bittet. Der Gläubige sieht Gott nicht, er hört Gott nicht, er empfindet Gott nicht, aber er weiß: Gottes Wort ist wahr: Ich bitte Gott um Weisheit und Gott wird mir – irgendwie – Weisheit geben.
Sobald du einen anderen Ansatz wählst, weg von der Schrift, hast du keine klare Grundlage mehr. Gefühle, Gedanken, Impulse, Eindrücke, Empfindungen etc. können manchmal nicht schlecht sein, aber manchmal eben schon. Ob ein Impuls gut oder richtig ist .- wer weiß das schon, es sei denn, dass er ihn an der Schrift prüft?
Nur die Schrift gibt klare und verbindliche Weisung, alles andere steht auf wackligen Beinen. Es geht nicht um den Kampf zwischen Pfingstbewegung und Konservativ Evangelikalen. Es geht um jeden einzelnen Gläubigen, dass er eine klare Grundlage für sein Handeln, Reden und Denken findet.