Auch wenn ich jetzt eine kleine Bombe zünde ( hoffen wir es nicht ):
Ich denke, ich bin es meinen Lesern sicher schuldig, dass ich mich auch einmal gewissermaßen theologisch klar positioniere, so dass der Leser weiß, was ich als Betreiber dieses Blogs den glaube und auch warum. Ich finde es vom Übel, wenn man sich in einer theologischen Weichzeichnerei ergeht, die dazu führt, dass keiner weiß, was man eigentlich so glaubt und warum. Wenn ich als Christ oder als Mensch überhaupt, Aussagen über Gott mache, dann betreibe ich Theologie, aber wenn diese Aussagen so vage und nichtssagend sind, dann tue ich wohl keinem einen Dienst, weil letztlich ist es gehaltlos und als nichtssagende Aussage verhilft sie nicht gerade zu einem besseren Verständnis.
Ich glaube, dass Gott sich geoffenbart hat und zwar deswegen, damit Menschen von ihm wissen und ihn kennen können. Er ist keine höhere Substanz, von deren Wollen und Handeln man nichts wissen kann. Ich denke, dass es nicht ausreicht, zu sagen, mein Glaubensbekenntnis ist, dass ich an die Bibel glaube, denn es gibt Massen von Menschen, die das für sich beanspruchen und unterschiedlichste und sich gegenseitig widersprechende Dinge glauben. Daher werde ich im Laufe der nächsten Zeit vielleicht ein kurzes Glaubensbekenntnis oder etwas derartiges schreiben, damit ich theologisch für meine Leser transparenter bin.
Jedenfalls tendiere ich stark in die Richtung der Lehren der Gnade und ich weiß, dass jemand, der an den Lehren der Gnade festhält, wohl eher nicht die Norm ist, gemessen an allen Christen, denen ich schon begegnet bin. Das mag verschiedene Ursachen haben, eine ist sicher die Tradition vieler Christen, derer sie sich, so denke ich, auch nicht bewusst sind. Jeder Christ hat eine gewisse Tradition, ob er sich dessen bewusst ist oder nicht und verwechselt von Zeit zu Zeit seine Tradition damit, was die Schrift tatsächlich sagt. Ich sage das, weil ich doch eher einen im weitesten Sinne „ariminianischen Hintergrund“ habe und doch eine ganze Weile gebraucht habe, um die Lehren der Gnade überhaupt zu verstehen und auch als solche anzunehmen.
Das habe ich jetzt geschrieben, damit klar wird, wie ich zu den zwei folgenden Video-Ausschnitten stehe. Und bitte – keine ausufernden und sinnlosen Diskussionen im Kommentarbereich darüber – das wäre nett.
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Frage: Du magst das zum Teil schon angerissen haben, aber einmal konkret gefragt: Was sind die Gefahren die du siehst bezüglich der gegenwärtigen Bewegung von jungen und in der Theologie reformierten Christen?
Antwort: Wisst ihr, Conrad Murrell sagte einmal folgendes: Du kannst tausend Meilen in diese Richtung laufen und in die Irre gehen und du kannst tausend Meilen in die entgegengesetzte Richtung laufen und dennoch in die Irre gehen. Aber in der Wahrheit zu wandeln ist wie auf der Kante eines Rasiermessers zu laufen, von dem du auf beiden Seiten herunterfallen kannst. Es gibt Gefahren in allem, in jedem Unternehmen und Bestreben im christlichen Leben, wo wir von beiden Seiten vom Pferd fallen können. Denke ich an die jungen Männer, die es ernst meinen bzgl. dessen, wie Christentum bereits in der Vergangenheit gelebt wurde und bzgl. Wahrheit und bzgl. dessen, ihr Leben im Kontext von 2000 Jahren Christentums zu leben, die die Wahrheiten der Reformation erkannt haben und sie für sich in Anspruch nehmen möchten, dann stimme ich ihnen zu.
Aber sie müssen etwas verstehen. Es gibt mehr als den Intellekt im Leben als Christ. Diese Dinge intellektuell zu fassen ist eines, aber, dass sie in unserem Leben verwirklicht werden, ist etwas anderes.
Wenn du alles an richtiger Lehre zusammenfasst, wie sie in der Schrift offenbart ist, dann hast du immer noch nicht Jesus. Das alles weist uns auf Jesus hin, es zeigt uns, wer Jesus ist, aber es ist nicht gleichzusetzen mit der Beziehung, einer lebendigen Beziehung mit dem auferstandenen Christus. Es muss kultiviert werden. Wir sollten tief studieren und wir sollten lang beten. Dem jungen, aufstrebenden Theologen mag ich das sagen: Glaube nie der Lüge, dass Lehre oder Theologe den Eifer tötet oder hemmt. Wahre Lehre und wahre Theologie wird den Eifer wachsen lassen, aber allein zu studieren ist nicht genug. Die meisten der älteren Glaubensmänner mit denen ich gesprochen habe, sagten mir, dass sie es nicht so sehr bedauerten nicht genug studiert zu haben, sondern nicht genug gebetet zu haben. Wenn du anfängst, die tiefen Wahrheiten zu studieren, musst du auf deinen Knien bleiben, sonst wirst du verkopft und unausgeglichen, herzlos, hart und stolz. Aber, wenn du deine intellektuellen Anstrengungen mit dem Gebet paarst, wenn deine intellektuellen Anstrengungen einfach nur Mittel und Wege dahingehend bleiben, Gott zu kennen, dann wirst du in Ordnung sein.
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Eine einfache Frage von einem Zuschauer:
Bruder Paul, denkst du, dass die Apostel Calvinisten waren?
Eine Antwort: „Nun, es geht noch viel weiter zurück. Nein, ernsthaft. Bitte hört zu. Oft kommen Leute zu mir her und sie sagen zu mir: „Bruder Paul, bist du ein Calvinist?“. Und ich werde ihnen darauf keine Antwort geben. Und zwar aus folgendem Grund: Wenn ich die meisten Leute frage, was sie denn denken, was ein Calvinist denn sei, dann bekomme ich die schrecklichsten, verzerrtesten Auffassungen zu hören, darüber, was eine Person glaube, die an souveräne Gnade glaubt. Es ist unmöglich, diese Frage zu beantworten, denn über die meisten Leute, besonders über die, die auch Bücher dagegen schreiben, kann ich nur folgendes sagen: Entweder führen sie Leute absichtlich in die Irre und versuchen einen Strohmann aufzubauen ODER sie verstehen die Lehren der Gnade überhaupt nicht. Denn ich kenne keine Person, die diese Dinge glaubt, die sie in diesen Büchern schreiben. Eine große Person, die sich mit diesen Fragen auseinander setzt ist James White und er sagt dasselbe. Ich kenne keine Personen, die die Dinge glauben, die sie Calvinisten vorwerfen, sie würden sie glauben. Das ist eine sehr schwierige Frage.
Eine andere Sache. Lasst mich folgendes sagen: Der Punkt für mich, das, was ich in der Schrift und in der Kirchengeschichte sehe, ist: Die Kirche ist immer belebt worden und Seelen sind in das Reich Gottes gebracht worden, wenn man zu einer wahren Lehre von biblischer Erneuerung zurückgekommen ist im Gegensatz dazu zu glauben, dass jemand bekehrt ist, weil er ein Gebet gesprochen hat oder als Kind getauft wurde. Wenn ihr irgendetwas gehört habt, was ich predige: Ich predige keinen Calvinismus per se, ich predige einfach das:
CHRISTUS starb für Menschen, Menschen sind tot in ihren Sünden und es ist das übernatürliche Wirken des Geistes Gottes, der sie von den Toten erwecken muss und der Geist, der dieses Werk in ihnen beginnt, der WIRD es auch vollenden. Nun, ich halte mich zu den 5 Punkten, aber weil ich ein Baptist bin, bevorzuge ich es, mich einen 5 Punkte-Spurgeonisten zu nennen.
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Abschließend vielleicht noch der Hinweis auf die reformierte Ecke
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Und zu guter letzt noch ein Zitat aus der Autobiographie von Georg Müller ( die übrigens sehr zu empfehlen ist, weil sich Georg Müller kaum als den Glaubenshelden sieht, zu dem er gemacht wird )
Zitat:
[…] 1. Nur das Wort Gottes kann unser Maßstab für die Beurteilung geistlicher Dinge sein; es kann uns nur durch den Heiligen Geist erklärt werden, der in unserer Zeit genauso wie zu allen Zeiten der Lehrer seines Volkes ist. Und nur der Heilige Geist kann uns unseren natürlichen Zustand zeigen, kann uns klarmachen, wie sehr wir einen Erlöser brauchen, kann uns befähigen, an Christus zu glauben, kann uns die Heilige Schrift erklären und beim Predigen beistehen usw. Dass ich ganz besonders den letzten Punkt verstand, war für mich von großer Bedeutung. Denn der Herr half mir, dies durch ein Experiment zu testen, indem ich alle Kommentare und fast jedes andere Buch zur Seite legte und nur das Wort Gottes las und studierte. Das Ergebnis war, dass ich an dem ersten Abend, an dem ich mich zu Gebet und Nachdenken über die Heilige Schrift in mein Zimmer zurückzog, in wenigen Stunden mehr lernte als bisher in vielen Monaten des Studiums. Aber der eigentliche Unterschied war, dass ich, indem ich dies tat, wirkliche Festigkeit für meine Seele erhielt.
2. Vor dieser Zeit hatte ich mich sehr gegen die Lehre der Erwählung und der bis zum Ende bewahrenden Gnade gewehrt – so sehr, dass ich noch wenige Tage nach meiner Ankunft in Teignmouth die Erwählung eine teuflische Lehre genannt habe. Aber nun wurde ich dahin geführt, diese kostbaren Wahrheiten durch das Wort Gottes zu untersuchen. Ich las das Neue Testament von Anfang an durch und achtete besonders auf alles, was mit diesen Lehren zu tun hatte. Zu meinem großen Erstaunen fand ich, dass jene Stellen, die über Erwählung und Bewahrung reden, etwa viermal so häufig sind wie jene, die scheinbar gegen diese Wahrheiten reden. Und wenig später, als ich auch diese Stellen näher untersucht und verstanden hatte, halfen auch sie mir in der Bestätigung dieser beiden Lehren. […]
( S. 41/42 ISBN 978-3-417-20657-9 )