Demut und Arroganz

Folgendes Video habe ich in einem anderen deutschen Blog gefunden. Es handelt sich um ein Interview mit Doug Wilson, von dem ich bisher kaum etwas gehört habe und insofern nicht allgemein empfehlen mag, aber er setzt sehr interessant an, wie er auf die gegenwärtige Diskussion um Rob Bell zu sprechen kommt. Ein deutsch untertiteltes Video wird es nicht geben, lediglich eine Übersetzung des gesprochenen Textes. In dem Video weist er darauf hin, dass es recht unsinnig ist, sich selbst mit all seinen Fragen, Zweifeln und Gedanken zum Zentrum des Universums zu machen und gleichzeitig zu behaupten, man sei besonders demütig.

Frage an Doug Wilson:

Wie antwortest du Kritikern, die christlichen Führungsgestalten wie Dir, Piper und anderen, die Rob Bell mit Nachdruck widersprechen, vorwerfen, Arroganz zu zeigen, indem ihr das tut?

Antwort von Doug Wilson:

Ich würde folgendermaßen antworten. Und das ist auch wichtig, wenn jemand den gegenwärtigen Evangelikalismus in Nordamerika [und im weiteren auch überhaupt im Westen] verstehen möchte. Jesaja 5, 20 sagt: „Wehe, denen die Gutes böse nennen und Böses gut. Die Licht mit Finsternis ersetzen und Finsternis durch Licht, die Süßes bitter nennen und Bitteres süß“.

Hier wird ein „Wehe“ denen ausgesprochen, die moralische Maßstäbe auf den Kopf stellen.  In unserer Generation haben wir die Definitionen von Arroganz und Demut auf den Kopf gestellt. Man könnte hier fast von einem „Foto-Negativ“ sprechen, bei dem ja alle Farben invertiert sind. Ein Beispiel: Man denke an einen Führer einer Mega-Kirche, der vor eine Menge Leute tritt und eine Rede hält, den Leuten schmeichelt,  Witze  macht und von sich selbst geschlagene 20 Minuten lang  erzählt. „Ich hab dieses erlebt, bin mit meiner Frau an jenen Ort gegangen, habe mit meinem Hund dies und jenes getan…“ – Wenn er also geschlagene 20 Minuten von sich selbst erzählt, dann denkt jeder, der dann nach der Rede den Saal verlässt: „Was für ein transparenter Mensch! Was für ein demütiger Mensch!“

Warum denken die Zuhörer, dass er so demütig ist? Nun, weil er die ganze Zeit von sich selbst erzählt hat. Wenn ein anderer Mann – nehmen wir den berühmten Prediger John Knox – auf die Kanzel geht und predigt: „So spricht der Herr, der Allmächtige, der Herr der Herrscharen […]“ und somit Gottes Wort verkündigt und eine Botschaft predigt, die auch wahr wäre, wenn er als Prediger niemals geboren worden wäre – und seine Existenz, Gefühle und Hoffnungen für seine Botschaft völlig irrelavent wären, weil er einfach den Text der Schrift predigt – DANN würden alle sagen: „Was für ein arroganter Mann! Denn er hat nicht einmal auf sich selbst Bezug genommen. Alles, was er getan hat, war über Gott zu sprechen und über die Bibel“

Wir leben in einer Zeit, in der es als arrogant betrachtet wird, ein Wort in den Mund zu nehmen, das Gott gesprochen hat. Wenn man sich aber achselzuckend gibt, seine eigenen Zweifel, Unsicherheit und Fragen zum Zentrum des Universums macht, gilt das als demütig. Es gibt nur eines, was man solchen Leuten sagen kann, nämlich: „Tut Buße. Ihr habt alles auf den Kopf gestellt. Sich selbst ins Zentrum zu stellen ist nicht demütig, sondern arrogant“.

Und der Mann, der mit Johannes dem Täufer über Jesus sagt: „Er muss wachsen, ich aber muss geringer werden“, der sagt sich als Prediger: „Ich muss Christus groß machen ich darf mich nicht selbst promoten“, so wie Paulus auch sagt: „Wir predigen nicht uns selbst, sondern Jesus als Herrn“.  Unsere Aufgabe ist nicht, uns selbst zu predigen. Und wenn du das tust, wenn du entscheidest, dich selbst beim Predigen zurückzunehmen, indem du eben nicht zu viele Anekdoten und Geschichten von dir selbst einbringst, denken die Leute, du seist kalt, distanziert und stehst nicht wirklich dahinter. Aber du musst sehen: Jemand, der predigt, ist ein Herold, ein Botschafter. Stellen wir uns zwei Armeen vor, die sich auf dem Schlachtfeld begegnen. Nun reitet dort der Herold einer der beiden Armeen zur feindlichen Armee mit  einer Botschaft seines Generales,  um mit dem General der feindlichen Armee zu verhandeln. Dort liest der feindliche General nicht diese Botschaft, um sich dann an den Botschafter zu wenden und zu fragen, was er von der Botschaft seines Generales denn halte. Es ist in diesem Fall egal, welche Gefühle er damit im Moment verbinden mag, er ist schlicht ein Botschafter.

Ein Prediger ist ein Botschafter. Er ist damit beauftragt, das zu predigen, was die Bibel sagt. Er hat keine Befugnis, an der Botschaft herumzubasteln und wenn er das tut, ist er arrogant, egal, wie sehr er sich und anderen schmeicheln mag, indem er  sagt, er sei demütig. Das ist, was wir z.B. bei Rob  Bell sehen. Er schmeichelt den Zuhörern, wenn er sich postmodern-einfühlsam gibt und den Eindruck erweckt, der folgendermaßen klingt: „Ach, dieses konservative Verständnis, dass die Botschaft der Bibel für einen Christen bindend ist, kann so nicht stimmen“.

Und so denkt man von Leuten, die sich an die Schrift gebunden sehen als arrogant und von ihm als demütig. Obwohl es eigentlich genau anders herum ist.