Buch: Auserwählt und eins gemacht ( Tim Kelly )

Buch: Auserwählt und eins gemacht.

Wenn ich ein einziges Buch empfehlen müsste, das eine Einführung in die Lehren der Gnade gibt, dann wäre es wohl das Buch von Tim Kelly, das den Titel trägt: „AUSERWÄHLT UND EINS GEMACHT“, das im Betanien-Verlag erschienen ist. Wie angedeutet, möchte ich dieses Buch nun vorstellen. Ich möchte es vorstellen, weil das Buch 1. die Lehren der Gnade VERSTÄNDLICH darlegt, anhand des Textes der Schrift und das in einer nachvollziehbaren und nicht reißerischen oder gar lieblosen Art und 2., weil das Buch im Verlauf auch immer wieder auf Vorurteile und falsche Vorstellungen und Schlussfolgerungen, die mit der ganzen Thematik zusammenhängen, eingeht.

Das Thema Erwählung ist ja ein solches, das heute die Tendenz hat, immer wieder hitzige Diskussionen zu führen und im schlimmsten Fall teilweise ganze Gemeinden zu spalten und in Streit zu bringen. Oftmals wird die Diskussion sehr emotional geführt und oftmals werden Sachverhalte in die Diskussion gebracht, die wenig durchdacht sind und die einfach eher auf die Emotionen zielen und den Blick auf das Ganze eher vernebeln und dafür sorgen, dass man nicht vernünftig diskutieren kann.

Vielleicht darf ich dazu sagen, dass ich absolut keinen reformierten Hintergrund hatte, das Wort „Erwählung“ mir nicht unbedingt geläufig war und nun, so etwas nie das Thema war. Irgendwann, wie das so ist, stößt man dennoch auf das Thema. Ich war dem ganzen sehr skeptisch und feindlich gegenüber eingestellt, habe mich aber immer wieder und oft damit beschäftigt, was die achso bösen „Calvinisten“ so sagten. Und man stößt dann mit der Zeit, wenn man danach sucht, auf ne ganze Menge von Seiten, die gegen die Calvinisten wettern und und allerlei Argumente hervorbringen, die gegen die Lehren der Gnade gerichtet sind. Das fängt im schlimmsten Fall an mit irrelevanten Auseinandersetzungen und Betrachtungen zur Person des Reformators Johannes Calvins, die meist schlecht recherchiert sind und dem historischen Zusammenhang wenig Beachtung zu schenken scheinen, und endet damit, das Wort „Erwählung“ in der Bibel so umzudeuten, dass im Grunde in verschiedenen Variationen gesagt wird: „Wenn du dich für Gott entscheidest, dann erwählt dich Gott aufgrund deiner Entscheidung“.

Ich weiß, dass man, wenn man voreingenommen ist, nicht wirklich zu objektiven und klaren Schlussfolgerungen kommen kann. So war es bei mir: Ich stemmte mich gegen die bösen calvinistischen Auffassungen, indem ich überall nach Bibelstellen suchte, die meiner Auffassung entsprachen. Ich gebe zu, da kann man eine ganze Liste von Bibelstellen zusammenstellen, die klar der Lehre von der Erwählung zu widersprechen scheinen.

Im Nachhinein muss ich sagen: Meine Betrachtung war sehr einseitig und ich bin unfair an die Fragestellung herangegangen. Ich habe nicht gefragt: „Was sagen die Stellen, die klar von der Erwählung sprechen“? Nein, ich habe gefragt: „Wo kann ich Stellen finden, die dagegen sprechen?“. Was ich gemacht habe, war, zu unklaren Stellen zu gehen, um die Stellen zu erklären, die überhaupt erst definieren, was der Begriff „Erwählung“ meint. Meine Auswahl der Stellen war dabei willkürlich und passten in das Schema: „scheinen der Lehre der Erwählung zu widersprechen“. Wenn man so mit der Schrift umgeht, kann man nicht zu richtigen Auffassungen kommen.

Mit der Zeit kam es dann aber dazu, dass ich doch auch immer wieder den Ausführungen von Menschen mit reformierter Theologie folgte. Ich war sehr skeptisch und versuchte diese zu widerlegen. Aber ich war so gezwungen, mich tatsächlich mit den Texten auseinander zu setzen, die von der Erwählung sprechen, solche wie Römer 8 und Römer 9, Epheser 1, Johannes 6 usw. und letztlich kam es so:  Ich konnte die reformierte Auslegung nicht widerlegen und je mehr ich mich damit befasste, umso weniger war ich überzeugt, dass es möglich ist, die Auslegung dieser Stellen zu widerlegen.

Zu dieser Zeit bekam ich dann auch das Buch „Auserwählt und eins gemacht“ von Tim Kelly in die Hände.  Der Titel ist sehr seltsam gewählt, wenn man an die häufigen Diskussionen und Streitigkeiten denkt, die die Lehren der Gnade oft mit sich bringen. Und doch hat der Titel des Buches erfasst, was eine wichtige Botschaft der ersten Kapitel des Epheser-Briefes ist und es ist sehr schade, wenn diese übersehen wird.

Schön am Buch finde ich, dass der Autor gleich einmal seinen Umgang mit der Bibel und seine Auslegungsprinzipien transparent macht und erklärt, wieso diese sehr sinnvoll sind und auch eine Erklärung für die vielen Streitigkeiten darin findet, dass diese Prinzipien meist nicht bekannt sind oder missachtet werden. Er zeigt zwei Fehler auf, die immer wieder geschehen und auf die man ( meiner Erfahrung nach ) auch immer wieder stößt, wenn man mit anderen Christen über so manches Thema spricht.

Der weitere Verlauf des Buches ist sehr weise gehalten und besonders wichtig ist, dass Tim Kelly auf immer wieder hervorgberachte Einwände der Lehren der Gnade gegenüber eingeht wie z.B. „die Erwählungslehre zerstört Evangelisation“ oder „…dann sind wir ja nur Roboter“ oder „wenn ich erwählt bin, kann ich gottlos leben und komme dennoch in den Himmel und wenn ich nicht erwählt bin, kann ich so gottesfürchtig werden wie ich will und Gott hundert mal ernsthaft um Vergebung meiner Sünden bitten und werde dennoch nicht gerettet“. Das Buch ist eingeteilt in 10 Kapitel:

Kapitel 1: Die Trennwand der Feindschaft
Kapitel 2: Der Wille des Vaters
Kapitel 3: Gott einmütig mit einem Mund anbeten
Kapitel 4: Der aus Gnade erwählte Überrest
Kapitel 5: Was Gottes souveräne Gnade von uns verlangt
Kapitel 6: Lehren, die demütigen und einen
Kapitel 7: Die Erwählungslehre drängt uns, das Evangelium allen Menschen zu verkündigen
Kapitel 8: Bibelstellen, die der Erwählungslehre zu widersprechen scheinen
Kapitel 9: Falsche Vorstellungen von der Erwählungslehre
Kapitel 10: Eine persönliche Anmerkung

Und wie ich finde ist diese Einteilung sinnvoll, nachvollziehbar und führt meines Erachtens richtig an dieses mitunter schwer umkämpfte Thema heran. Ich denke, das Hauptanliegen dieses ( nicht allzu dicken Buches – es sind ein wenig über 200 Seiten ) ist, aufzuzeigen, dass die Lehren der Gnade tatsächlich eine demütigende Funktion haben und auch praktisch helfen, sich Gott unterzuordnen und das bemerkenswerte Werk der Erlösung schätzen zu lernen. Das gelingt dem Buch und besonders erfreulich ist, dass Tim Kelly niemals arrogant und vom hohen Ross herunter seine Lehren verteidigt. Er verzichtet auch auf Polemik oder reißerische Aussagen und hat allgemein einen eher sanften Schreibstil, ohne an Präzision zu verlieren oder seine Argumentation zu schwächen oder seine Position, die er m.E. zurecht hält, nachlässig zu verteidigen.

Ich finde: Einfach ein sehr stimmiges, sehr sauber und nachvollziehbar auslegendes Buch, das es Wert ist, auch zweimal oder öfter gelesen zu werden.