Buch: Das Wesen Gottes (Tozer)

Wenn wir von Theologie sprechen, welche ja wortwörtlich übersetzt „Lehre von Gott“ bedeutet, muss uns klar sein, dass wir, wenn wir über theologische Fragen nachdenken, zuerst einmal über Gott nachdenken müssen. Die große Fragen, die Theologie beantworten soll, sind ja im Grunde die: „Ist Gott“? „Wer ist dieser Gott“? „Wie ist dieser Gott“?

Die meisten Menschen in der westlichen Welt leben ja im Grunde so, dass sie sagen: „Tja, ob’s Gott nun gibt oder nicht, mir relativ egal, wichtig ist mein Leben und wie ich es hier verbringe und irgend so einen nicht greifbaren, fernen und diffus erscheinenden Gott brauch ich nicht und er interessiert mich nicht! Der hat sich nie um mich geschert, wieso sollte ich mich um ihn scheren?“

Das eben Gesagte beschreibt eine relativ häufig anzutreffende Einstellung bzgl. der Existenz Gottes. Man ist mit seinem Leben, mit seinen Problemen, mit seinen Sorgen, Interessen und Vergnügungen beschäftigt und an Gott mögen so ein paar Zurückgebliebene glauben, die sich tatsächlich für so nen Kram interessieren, aber Gott ist im Grunde irrelevant. Entscheidend ist, was jetzt ist, was jetzt gedacht, gelebt und getan wird, denn das zählt.

Wenn der Leser dieses Blogs diese hier soeben dargelegte Einstellung hat, wird das Buch, das ich hier vorstellen möchte, wahrscheinlich sehr uninteressant sein.

Warum soll man sich denn mit Gott beschäftigen?

Diese Frage mag ich ganz kurz beantworten. Wenn Gott ist (mit Gott meine ich den Gott der Bibel, der durch seinen Jesus Christus zu uns gesprochen hat), dann hat das massive Auswirkungen auf das menschliche Leben. Wenn dieser Gott ist, dann kann man nicht einfach im Tran sein Leben vor sich hinleben als sei dieser Gott nicht da. Wenn dieser Gott ist, dann hat das gewisse Folgen für das Leben eines jeden Menschen.

Inwiefern hat das Folgen?

Nun, wenn es keinen Gott gibt, dann ist der Mensch letztlich sein eigener Herr. Er kann entscheiden, was er tun möchte, kann Pläne schmieden und letztlich so handeln, wie er es wünscht und für richtig erachtet. Wenn dieser Gott aber ist, dann hat der Mensch einen Schöpfer, vor dem er sein Denken, Planen und Handeln letztlich rechtfertigen muss. Dann bestimmt nicht der Mensch, was er für gut und böse erachtet (wenn er überhaupt solche Unterscheidungen treffen mag), sondern Gott sagt: „Das ist gut und  jenes aber nicht“!

Im Grunde ist jeder Mensch immer wieder vor die Frage gestellt: Wer oder was ist die höchste Autorität? Wer sagt, wo es langgeht und wo nicht? Ist es die Gesellschaft? Sind es die Ergebnisse der Wissenschaft? Sind es die Wissenschaftler, die maßgeblichen Einfluss auf die Wissenschaft und ihre Entwicklung nehmen? Ist es der Staat?  Bin es ich selbst? Sage ich mir, was ich gut finde und was nicht? Oder ist es Gott, der das Recht hat zu sagen: „Das ist gut und das ist böse“?

Fraglos. Es gibt so viele Meinungen und Vorstellungen wie es Menschen gibt. Die Frage ist nur: Gibt es einen Fixpunkt, der meine Meinung und meine eigene Vorstellung in Frage stellen darf und in Frage stellen kann?

Ich möchte jetzt zum Buch kommen, das Aiden Wilson Tozer geschrieben hat und den Titel trägt: „Das Wesen Gottes – Eigenschaften Gottes und ihre Bedeutung für das Glaubensleben“. Dieses Buch richtet sich primär an Christen und solche, die sagen: „Ja, ich glaube an Gott“. Zu seiner Intention, dieses Buch zu schreiben, schrieb Tozer seinerzeit:

Die Botschaft dieses Buches ist nicht neu, aber sie ist gerade heute wichtig, denn die Gemeinde Jesu ist seit Jahren in einem Zustand, der sich zusehends verschlimmert. Die Gemeinde hat den Sinn für Gottes Majestät verloren und hat ihre einstige Gottesvorstellung durch eine andere ersetzt, die niedrig und Gott unangemessen ist. Diese für einen glaubenden und denkenden Menschen völlig unwürdige Tat geschah jedoch nicht bewußt oder absichtlich, sondern nach und nach. Doch gerade dieses Unbewußte macht alles noch schlimmer.

Die niedrige Gottesvorstellung, die heute unter den Christen beinahe überall zu finden ist, ist auch die Grundlage für zahlreiche kleinere und weit verbreitete Übel. Dieser eine Irrtum in unserem religiösen Denken führt zu einer vollständig neuen Konzeption unseres christlichen Lebens. Mit dem Verlust des Majestätsbegriffs verlieren wir auch das Bewußtsein für Gottes Gegenwart und die Ehrfurcht vor ihm. Wir haben den Geist der Anbetung und die Fähigkeit, uns innerlich zu sammeln und Gott in anbetungsvollem Schweigen zu begegnen, verloren. Das moderne Christentum bringt einfach keine Christen mehr hervor, die das Leben im Geist richtig zu schätzen wissen oder persönlich erfahren. Das Wort: »Seid stille und erkennet, daß ich Gott bin« (Ps 46,11) bedeutet dem betriebsamen Gläubigen
von heute nicht mehr viel.

Dieser Verlust der Vorstellung von Gottes Majestät ist ausgerechnet zu einem Zeitpunkt eingetreten, an dem religiöse Mächte aufsehenerregende Erfolge erzielten und die Kirchen ganz neu aufblühten. Das Erschreckende dabei ist, daß unsere Erfolge größtenteils äußerer Art und unsere Verluste ausschließlich innerlich sind. Aber gerade weil die Qualität unseres Glaubens vom inneren Zustand abhängig ist, könnten sich unsere vermeintlichen Erfolge in Wahrheit als tiefgehende Verluste erweisen.

Das, was uns geistlich verlorengegangen ist, können wir nur dadurch wieder erlangen, daß wir die Ursachen aufdecken und nötige Korrekturen vornehmen. Unsere Schwierigkeiten haben damit begonnen, daß wir die Erkenntnis des heiligen Gottes verloren haben, und wir werden diese Schwierigkeiten auch nur durch eine Wiederentdeckung der Majestät Gottes loswerden. Solange unsere Vorstellungen von Gott falsch oder unangemessen sind, ist es unmöglich, unser Verhalten und unsere innere Einstellung gesund zu erhalten. Wenn unser Leben wieder geistliche Kraft bekommen soll, müssen wir damit beginnen, so über Gott zu denken, wie er in Wirklichkeit ist.

Man sieht hier schon deutlich die Stoßrichtung des Buches. Ich will nicht sagen, dass ich denke, dass Tozer hier in irgend einer Weise erschöpfend über Gott und sein Wesen und seine Bedeutung für uns spricht, nein, das Buch ist gefühlt nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ich denke, hier liegt ein für den Einstieg in die Frage nach Gott ausgezeichnetes Buch vor, das sehr klar über die Grundzüge des Gottes spricht, an den wir als Christen glauben. Ich bin nicht mit jedem einzelnen Satz im Buch vollständig glücklich, aber Tozer schreibt hier in die richtige Richtung. Es ist tatsächlich so, dass unser Leben, unsere Vorstellungen, unsere Ethik und Moral ja nicht autonom von Gott sind, sondern zutiefst von seinem Wesen abhängig sind.

Wenn in Gottes Wesen keine Wahrheit ist, warum sollten wir uns scheuen zu lügen? Wenn aber in Gottes Wesen sich die Wahrheit manifestiert, bedeutet das, dass Lüge im Widerspruch zu Gottes Wesen steht und wir deswegen sündigen, wenn wir Lüge verbreiten. Wenn wir betrügen und die Ehe brechen, dann ist das nicht verwerflich und zutiefst sündig, weil unsere menschliche Moralvorstellung sich halt irgendwie ein wenig gegen einen Seitensprung sträubt, sondern weil Treue – die in einer Ehe Ausdruck finden soll -sein Wesen widerspiegelt.

Das Wesen Gottes ist letztlich die Grundlage für die menschliche Ethik und Moral. Und daher ist Theologie nicht einfach Gedankenspielerei für ein paar besonders Interessierte Menschen, die besonders viel in ihrer Bibel lesen, sondern absolut grundlegend für die ganz einfachen, praktischen Dinge im Leben. Warum spricht man vor dem Essen ein Dankgebet? Weil es fromm ist und andere Fromme das so tun? Sicherlich nicht; man dankt vor dem Essen Gott, weil man ihm alles verdankt. Sein Leben, sein Hab und Gut, sein Essen und Trinken… Es gab Zeiten in Europa, wo es nicht selbstverständlich war, dass man eine gute Ernte einfuhr und tagtäglich was zu essen hatte.

Die Welt, in der wir leben, die Gott keine Beachtung schenkt, kümmert sich nicht groß um Gott. Und wir als Christen lassen uns immer wieder von dieser Einstellung mitreissen. Daher brauchen wir immer wieder die Erinnerung an und aus Gottes Wort und dieses Buch von Tozer geht in diese Richtung.

Zum Überblick:

Inhaltsverzeichnis:
1. Es ist wichtig, sich Gott richtig vorzustellen! . . . . 10
2. Gott ist unbegreiflich 15
3. Eine göttliche Eigenschaft-was ist das? 22
4. Die heilige Dreieinigkeit 27
5. Die Unbedingtheit Gottes 35
6. Gott genügt sich selbst 43
7. Die Ewigkeit Gottes 49
8. Gottes Unendlichkeit 54
9. Die Unveränderlichkeit Gottes 60
10. Die göttliche Allwissenheit 67
11. Die Weisheit Gottes 71
12. Die Allmacht Gottes 78
13. Die göttliche Erhabenheit 82
14. Gottes Allgegenwart 87
15. Die Treue Gottes 91
16. Die Güte Gottes 96
17. Die Gerechtigkeit Gottes 100
18. Die Barmherzigkeit Gottes 105
19. Die Gnade Gottes 109
20. Die Liebe Gottes 114
21. Die Heiligkeit Gottes 121
22. Die Souveränität Gottes 127
23. Das offene Geheimnis 134

Das Buch ist leider gedruckt nur antiquartisch erhältlich.