Die Irrtümer der Endzeit-Spezialisten
An dieser Stelle möchte ich einmal ein Buch vorstellen, das vor einiger Zeit erschienen ist. Seit der Veröffentlichung der Zweitauflage 1993 sind bald 20 Jahre ins Land gezogen. Dennoch ist dieses Buch auch heute noch lesenswert (auch wegen der Ironie, dass es schon einige Jahre auf dem Buckel hat). Natürlich sind manche der dort besprochenen Personen (wie z.B. David Wilkerson) inzwischen verstorben, dennoch lohnt sich der Blick ins Buch.
Die Einleitung zum Buch mit dem Titel „Das Ende naht – Die Irrtümer der Endzeitspezialisten“ beginnt Autor Franz Graf-Stuhlhofer folgendermaßen:
[…]
Es ist bekannt, daß es Glaubensgemeinschaften gibt, die bei der Deutung der biblischen Endzeitaussagen voreilig waren: Zeugen Jehovas, Neuapostolische, die Vorläufer der Adventisten …: „Das Ende naht!“ Immer wieder konnte man diese Ankündigung hören, mitunter auf bestimmte Daten präzisiert. Für einen solchen Umgang mit der Bibel gibt es auf seiten der Evangelikalen auch scharfe Kritik. Wie reagieren wir jedoch, wenn in unseren eigenen Reihen Ähnliches vorkommt? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß wir hier oft mit zweierlei Maß messen. Was bei anderen – etwa Zeugen Jehovas – scharf verurteilt wird, wird bei uns selbst wesentlich nachsichtiger beurteilt: ‚Irren ist menschlich‘, ‚Natürlich gibt es manchmal Einseitigkeiten – wer wäre da frei davon?‘, ‚Man darf nicht vergessen, was der Betreffende Positives gewirkt hat‘, so und ähnlich lauten die Reaktionen. Wer wegen solcher ‚Geringfügigkeiten‘ einen Endzeitautor kritisiert, dem wird liebloses Verhalten vorgeworfen, der verstoße – so heißt es – gegen den brüderlichen Umgang.
[…]
Ich möchte dieses Buch vorstellen, weil hier einige wichtige Dinge angesprochen werden. Warum müssen sie angesprochen werden? Nun, ich bin der Überzeugung, dass es Schaden anrichtet, wenn man zu leichtfertig Gedanken und Überlegungen an die Öffentlichkeit weitergibt, die unausgegoren und bedenklich sind und sich am Ende als falsch erweisen. Es ist eine Sache eine Spekulation vorzubringen – und sie als solche dann auch kenntlich zu machen. Es ist eine ganz andere Sache, zukünftige Ereignisse gleichsam zu prophezeien, nur um dann bei Nicht-Eintreffen einer Vorhersage dann im Laufe der Jahre still die Vorhersage anzupassen und gleichsam zu vertuschen, dass man eigentlich falsche Dinge angekündigt hat, die nachweislich nicht eingetroffen sind. Meine Reaktion darauf ist, dass ich mich schwer tue, so jemanden ernst zu nehmen. Nicht umsonst gibt es die Geschichte vom Hirtenjungen und dem Wolf.
Franz Graf-Stuhlhofer geht im Buch doch recht umfassend mit dem Thema Endzeitspekulation bzw. auch Endzeitprophetie um und zeigt auf, wie gerade prominente Vertreter dieser Gattung wie Tim LaHaye, David Wilkerson und Wim Malgo – die beiden Letzteren sind ja inzwischen verstorben – sich zu Aussagen hinreißen haben lassen, die falsch waren und die nicht einfach so zu entschuldigen sind durch die menschliche Fehlbarkeit. Natürlich war ihre menschliche Fehlbarkeit Ursache ihrer nicht eingetroffenen Prophezeiungen, aber das ist ja keine Entschuldigung. Denn es bestand eigentlich keine Not, solche Aussagen zu treffen.
Das ist auch, was mich ein wenig beim Lesen dieses Buches beschäftigt hat. Was hat Leute wie Wilkerson letztlich dazu gebracht, solche Bücher zu schreiben? Wieso mussten da diese Aussagen mit einem solchen Sendungsbewusstsein niedergeschrieben werden, die dann der Wirklichkeit der Zukunft am Ende eben nicht standhalten konnten?
Der Autor teilt das Buch in 5 große Teile.
- Teil A: Fehler im Umgang mit biblischen Endzeitaussagen
- Teil B: Die Folgen der Demnächsterwartung
- Teil C: Haben wir aus den Fehlern gelernt?
- Teil D: Wie sollen wir nun wirklich mit den biblischen Endzeitaussagen umgehen?
- Teil E: Untersuchung der verbreitetsten evangelikalen Endzeitautoren
Gerade in Zeiten des Internets begegnen einem, wenn man nur ein wenig offene Augen als Christ hat, immer wieder Predigten, Vorträge und Aussagen, die in die Kerbe schlagen, die im Buch kritisiert wird. Graf-Stuhlhofer versucht im Buch, Anhaltspunkte zur Korrektur zu geben und wie man besser mit den Texten der Bibel, den eigenen Beobachtungen und den eschatologischen Fragen, die man hat, umgeht. Der Umgang mit dem Thema Eschatologie (die Lehre von den letzten Dingen) sollte einen erst einmal demütig machen. Neben der Frage: „Wo kommen wir her?“ und der Frage „Wer sind wir?“ ist die Frage: „Wo geht es mit uns hin?“ mit eine der größten Fragen, die wir Menschen und auch wir Christen uns stellen. Das ist einfach eine große Frage und – das ist meine Auffassung – die Schrift gibt auf diese Frage kein allzu detaillierte Antwort, im Sinne eines „detaillierten Fahrplans“ durch die letzten Jahre der Menschheit, bevor dann plötzlich Jesus wieder auf der Bildfläche erscheint. Generationen von Christen haben sich an diesen Fragen die Zähne ausgebissen, wollten einzelne Bibel-Verse mit tagespolitischen Ereignissen in Verbindung bringen und sagen: „Schaut, vor euren Augen erfüllt sich, was geschrieben steht!“.
Wenn man dann aber genau hinschaut, fragt man sich dann oft schon, mit welcher Vehemenz manchmal Aussagen getätigt werden, die fragwürdig und hinterfragbar sind. Und schaut man, wie sich Dinge dann weiterentwickeln, muss man im Nachhinein feststellen: Das war jetzt doch nicht so, wie gedacht. Graf-Stuhlhofer mahnt zu einem bedächtigen, sorgfältigen Umgang mit diesen Fragen und zur Zurückhaltung, die angesichts dessen, was so manches mal gesagt wird, wirklich unumgänglich scheint, will man eine vernünftige und angemessene Einschätzung in eschatologischen Fragen haben.
Dazu sei auch noch gesagt, dass viele Veröffentlichungen zum Thema „Endzeit“ einen stark dispensationalistischen Hintergrund haben, den man auch hinterfragen und nicht einfach voraussetzen darf. Lange Zeit waren andere Anschauungen populär. Von diesen liest man in großen Teilen der „bibeltreuen Szene“ nichts mehr.
Das Buch war mir selbst sehr hilfreich. Ich hatte mich eine Zeit lang sehr mit bestimmten Predigten befasst, die sehr viel Spekulation um Eschatologie enthielten. Meine Erfahrung war dann die, dass es durchaus ungesund sein kann, sich in (passiven) Spekulationen zu ergehen, die einen weder wirklich weiterbringen, noch wirklich Klarheit im Denken schaffen. Mitunter deswegen hat mein Blog auch die Schwerpunkte, die er hat. Christus muss im Zentrum bleiben, nicht irgendwelche Dinge, die vielleicht geschehen oder die vielleicht nicht geschehen.
Paul Washer sagte dazu einmal in einer Predigt:
„Vor einigen Jahren, als ich an der Universität meinen Theologie-Studien-Abschluss machte, hatte ich zu entscheiden, ob ich promoviere. Gott sandte mich, um mein geistliches Leben zu retten stattdessen mitten in die Dschungel von Peru. Das war so weit weg von der akademischen Welt wie ich konnte. Und dort begann ich etwas zu realisieren. Wie Spurgeon sagte: „Größere Männer mit größerem Verstand als ich ihn habe, haben diese Lehre des zweiten Kommens behandelt, aber ohne Nutzen, es ist freilich eine große und mächtige Lehre. Ich werde mich an diesem ausrichten: Danach zu ringen etwas von Jesus Christus zu begreifen und ihn als Gekreuzigten zu wissen“.
Lasst mich euch das sagen: Das macht mich so wütend. Wenn Menschen das herrliche Evangelium behandeln als sei es der erste Schritt zum Christsein, das nur zehn Minuten der Seelsorge braucht und danach wagt man sich an die „größeren Sachen“. Das zeigt, wie pathetisch, wie jämmerlich wir sind in der Erkenntnis der Dinge Gottes. Mein Freund, am Tag der Wiederkunft Jesu wirst du absolut alles darüber verstehen, aber du wirst Ewigkeiten über Ewigkeiten im Himmel sein und nicht mal anfangen, die Herrlichkeit Gottes im Evangelium zu begreifen. Das ist, worum sich alles dreht. Junge Männer, junge Prediger. Hört mir zu: Jagt ihm nach, dem Gekreuzigten“.
Das Buch kann man via sermon-online.de lesen:
http://www.sermon-online.de/search.pl?lang=de&id=4021
Oder auch erwerben via http://www.cbuch.de/Graf-Stuhlhofer-Das-Ende-naht-p2434/
Verlagstext:
Franz Stuhlhofer hat ungezählte Beispiele mittlerweile als falsch erwiesener Zukunftsweissagungen zusammengetragen, von dispensationalistischen Autoren wie Wim Malgo, Klaus Gerth, David Wilkerson usw., die erstaunlich denen der Zeugen Jehovas ähneln. Ihm geht es dabei nicht darum, das Erforschen der biblischen Texte zur Eschatologie lächerlich zu machen, sondern gerade darum, die Unglaublichkeit vieler angeblich biblisch begründeter Prophezeiungen aufzuzeigen, um deutlich zu machen, dass das Wort Gottes eine ganz andere Absicht und Botschaft hat. Kurzum: Was uns an den Zeugen Jehovas so schockiert, muss uns noch mehr schockieren, wenn es in unseren eigenen Reihen vorkommt!
Mit aktueller Einleitung von Thomas Schirrmacher
Man sollte übrigens auch den Ausschnitt aus dem Buch“Zukunft, Hoffnung, Bibel“ zur Kenntnis nehmen, das der Betanien-Verlag aus gewissen Gründen nicht mehr anbietet, der aber durchaus auch bedenkenswert ist:
Im Magazin des Betanien-Verlages war auch ein Auszug aus dem Buch veröffentlich worden mit dem Titel: „Wer ist der Antrichrist?“ , nahzulesen, hier:
http://www.betanien.de/kus/kus2.pdf
(Zumindest, dass man auch dies mal zur Kenntnis genommen hat und wenigstens darüber nachdenkt und die Schrift dahingehend auch studiert und fragt: Wird das dem Text, den wir haben gerecht?)