Dieses Video richtet sich speziell an solche, die reformiert in ihrer Theologie sind und spricht das Auftreten und den Umgang an, den man denen gegenüber an den Tag legen sollte, die in bestimmten Punkten nicht dasselbe glauben und doch auch Christen sind. Der Text des Videos findet sich unter dem Video. Es handelt sich dabei um einen Auszug aus der Radio-Sendung, die James White moderiert namens „Dividing Line“.
Unter anderem wird auf Norman Geisler und auf einen Dave Hunt Bezug genommen. Beide haben in Amerika (und teilweise auch Deutschland) Bücher veröffentlicht. James White schrieb ein Buch Namens „The Potters Freedom„, das als Antwort auf das Buch „Chosen but Free“ von Norman Geisler angesetzt war. Geisler wandte sich in dem Buch gegen die reformierten Auffassungen bzgl. Erwählung usw.. Hunt hatte ebenso ein Buch verfasst mit dem Titel „What Love is this?“, das es sogar inzwischen auf Deutsch gibt, wo er sich kritisch mit den reformierten Auffassungen auseinandersetzt. James White publizierte immer wieder Material, wo er die von Hunt und Geisler vorgebrachten Vorwürfe zu widerlegen suchte. Er tut das auch immer wieder über die Radiosendung Dividing Line, die man als webstream auch in Deutschland hören kann. Mehr zu diesen Auseinandersetzungen dann am Ende des Artikels.
Wie sollten Calvinisten mit Arminianern umgehen? (Dr. James White)
Anrufer:
Früher hielt ich die Position von Dr. Norman Geisler und im Grunde die der Calvary-Chapel-Bewegung. Jetzt stelle ich mir Fragen. Inzwischen sind mir die Lehren der Gnade sehr lieb. Und wenn ich daran denke, muss ich manchmal sogar weinen und ich bin sehr berührt. Wenn ich jetzt in Gemeinschaft bin mit allerlei Glaubensbrüdern, da höre ich dann oft Leute sagen: So etwas wie die Lehren der Gnade sollten unter uns Christen letztlich nicht so die Rolle spielen, wir sollten unsere Differenzen bei Seite legen und einfach nur das Evangelium predigen! Ich denke da oft: Wo ist die Priorität? Wo ziehe ich da die Grenz-Linie (Dividing Line)?
James White:
Die Dividing Line ist geradewegs hier. Du bist gerade auf Sendung (Die Sendung heißt „Dividing Line“). Entschuldigung, das war natürlich ein Scherz.
Anrufer:
Manchmal wird man hier angefeindet und beschuldigt, man sagt: „Du bist zu versessen auf Lehre, du bist zu dogmatisch bezüglich Dingen wie z.B. Erwählung, die nicht klar sind“
James White:
Während sie ebenso festgefahren in Lehre und Dogmatik sind, ohne es selbst zu merken, weil sie Arminianismus als die vorherrschende und selbstverständliche Position voraussetzen, oder? Ich weiß, wie das ist. Wenn man anfängt, langsam zu verstehen, was die Souveränität Gottes bedeutet, wenn man die Heiligkeit und Macht Gottes im Evangelium zu verstehen beginnt, während andere immer noch an einer mehr menschenzentrierten Perspektive festhalten, dann kann es sehr leicht passieren, dass man von seiner vermeintlich erhabeneren Position aus sagt, der Andersdenkende sei überhaupt gar nicht gläubig. Das ist eine Gefahr. Ich mag dir das nicht unterstellen, aber ich bin immer wieder solchen Leuten begegnet. Ich rede hier von den ersten Monaten und Jahren, nachdem man entdeckt, wie viel menschliche Tradition in weiten Teilen mancher heutigen Verkündigung steckt, die letztlich auch die Herrlichkeit Gottes im Evangelium überschattet. Oftmals spricht man da in reformierten Kreisen von der „Käfig-Phase“ und zwar deshalb, weil es bei manchen Leuten besser wäre, sie wären in einem Käfig eingesperrt und könnten nichts sagen, bevor sie sich selbst und andere unnötigerweise verletzen. Denn wenn man diese Dinge entdeckt, bringt das oft eine gewisse Aufregung mit sich.
Als ich damals das Buch „Die Heiligkeit Gottes“ von R.C. Sproul las, war ich überwältigt von dem Eindruck der Heiligkeit, der Macht, der Transzendenz Gottes bei seiner gleichzeitigen Zuneigung den Menschen gegenüber im Evangelium. Ich wollte, dass alle um mich herum dieselbe Aufregung und Leidenschaft und denselben Eifer wie ich erleben. Aber oftmals geschieht das dann nicht. Man rutscht dann sehr leicht in diese arrogante Haltung, die besagt: „Nun, wenn ihr so geistlich wäret wie ich es bin“…. oder… „Wie könnt ihr diese Dinge nicht sehen?“. Gleichzeitig muss man sich erinnern und sich fragen: Zwei Jahre, bevor man als Gläubiger diese Entdeckung gemacht hatte, war man da verloren und kein Kind Gottes? Und was wäre, wenn man damals so jemandem begegnet wäre, der so übereifrig und penetrant für seine Sache eingetreten wäre? Wäre man von so einem mitunter arroganten Auftreten nicht abgestoßen gewesen? So was kann einfach auch ein unnötiger Anstoß sein, den man gibt. Ich denke, wir müssen an dieser Stelle sehr vorsichtig sein, wie wir unseren Gegenübern gegenüber dann auftreten.
Mein Rat: Zieh die Grenzlinie in Liebe. Was meine ich damit? Neulich hatten wir jemanden, der sich während der Diensttags-Sendung der Dividing Line in unserem Aomin-Internet-Channel (so einer Art öffentlicher Chat) aufhielt. Er stellte dort die These auf, dass Norman Geisler ein verlorener Irrlehrer sei, der es nötig habe, gerettet zu werden, weil er sich offensichtlich nie bekehrt habe (Norman Geisler wendet sich öffentlich gegen reformierte Theologie). Mich hat das etwas abgelenkt und ich hatte keine Zeit auf ihn einzugehen, aber alle anderen setzten sich mit ihm während und auch eine gute Zeit nach Schluss der Sendung noch mit ihm auseinander. Letztlich war seine Schlussfolgerung, dass wir alle verloren seien, weil wir mit ihm nicht übereinstimmten. Seitdem hat er sich noch ein paar Mal auf diese Weise blicken lassen, um Probleme zu schaffen. Solch eine Einstellung findet sich immer mal wieder bei einzelnen Menschen. Ein derartiges Urteil zu fällen, steht mir nicht zu. Ich habe mich immer wieder bereit gezeigt, auf die Fehler Norman Geislers bzgl. der reformierten Theologie hinzuweisen. Aber hoffentlich wurde dabei klar, dass ich durchaus Respekt vor diesem Mann empfinde. Er hat mitunter sehr starke Bücher geschrieben. Tatsache ist, dass ich mich auch öffentlich auf ihn bezog, weil ich meine, dass ich theologisch von ihm wesentlich mehr erwarte als von anderen. Ich erwarte von Norman Geisler beispielsweise wesentlich mehr als von Dave Hunt. Norman Geislers allgemeine Einführung in die Bibel z.B. ist ein tolles Werk. Er hat gute apologetische Arbeit bzgl. der Auferstehung Jesu geleistet. Deswegen erwarte ich mehr von ihm und frage: Warum siehst du diese Dinge nicht? Warum siehst du nicht, wie dir hier und da bei der Auslegung deine eigenen Traditionen in den Weg kommen? Ich spreche solchen Leuten aber nicht ihren Glauben ab. Ich werde die Auffassungen und Lehren solcher Leute zu widerlegen suchen und zeigen, dass es sich um sub-biblische Darstellungen handelt.
Ich denke aber, wir müssen hier zwischen den Personen und ihren Traditionen und deren sub-biblischer Natur unterschieden. Wir müssen dem Geist Gottes Raum geben, Menschen die Augen und das Denken zu seinem gesetzten Punkt zu öffnen und der ist nicht immer dann, wann ich das gerne hätte. Nur weil Gott mir und dir diese Dinge klar hat werden lassen, heißt das nicht, dass die Auffassungen anderer Leute deswegen dann sofort ändern müssten. Du kannst das wahrscheinlich auch nachempfinden: Die Lehren der Gnade zu begreifen ist eine Weltbild-erschütternde Sache. Das verändert, wie man Gott sieht, das verändert, wie man sich selbst sieht, auch wie man andere und die Kirche, Anbetung, Predigen und vieles andere betrachtet. Das können wir nicht erzwingen, das müssen wir Gott überlassen. Manche aus unseren Kreisen würden zu mir sagen: Ich sei hier zu kompromissbereit. Darauf muss ich sagen: Ich habe diesen Eindruck kaum. Also wenn einer zu mir sagt, ich nehme keine klare Stellung in Bezug auf die Lehren der Gnade, sollte sehen, wie ich für mein Verteidigen dieser Lehren angegangen werde. Wie viele Türen wurden da schon vor meiner Nase zugeknallt? Man würde mich gerne einladen, wenn es um den Islam, um die King-James-Problematik oder um die römisch-katholische Kirche geht. Aber dann sagt man: „Tja, schade, dass du ein Calvinist bist, wir wollen dich bei uns nicht haben!“. Offensichtlich nehme ich hier klar Stellung. Aber gleichzeitig will ich klarstellen, dass ein Umdenken hier eine gottgewirkte Sache ist, wenn es ihm passt. Ich habe viele Leute gesehen, die zu den Lehren der Gnade kamen, weil ich sie ihnen anhand der Schrift dargelegt hatte, und nicht versucht habe, sie ihnen aufzuzwängen und in sie ihnen überzustülpen. Ich denke, der einzige Weg, auf dem das geschieht ist der, dass der Geist Gottes ein Verständnis in einem Herzen wirkt.
Weiterführend:
http://www.betanien.de/verlag/material/JamesWhite1.pdf
https://unwisesheep.org/2010/07/23/gefahren-fur-die-jungen-und-reformierten/
https://unwisesheep.org/2011/01/30/was-bedeutet-erwahlung/
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